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41 Jahren noch immer hungrig

von ESC-Planegg

Kathrin Lehmann denkt nach Meisterschaft mit ESC Planegg ans Nationalteam

Ihre Deutsche Meisterschaft mit dem ESC Planegg ist ein erstklassiges Empfehlungsschreiben für Kathrin Lehmann (41). Es liegt nahe, dass sich die Schweizer Eishockeyspielerin mit deutschem Pass durch ihre Leistungen für die Pinguine auch in ihrer Nationalmannschaft ins Gespräch bringt. Schließlich sind die Wege kurz. Lehmann arbeitet nebenbei als Assistenztrainerin für das Nationalteam der Eidgenossen. Allzu viel Überzeugungsarbeit müsste sie bei sich selbst nicht leisten. „Es juckt schon noch“, gibt sie zu.

Die Angreiferin hat eine außergewöhnliche Saison hinter sich. Selten hatte sie in den vorigen Jahren so viel Zeit, um zu trainieren. Das war auch der Pandemie geschuldet, die den Hansdampf in allen beruflichen Gassen gewaltig ausbremste. Es existiert wohl kein Themenfeld im Bereich Sport, das die studierte Germanistin und Betriebswirtin nicht besetzt. Als Geschäftsführerin leitet Lehmann die Sportbusiness Campus GmbH, setzt mit ihrer Agentur kasports verschiedene internationale Sportprojekte um, doziert an TU München und ETH Zürich und kommentiert für das Schweizer Fernsehen Fußball-Länderspiele der Männer- und Frauennationalmannschaft. Aber all das war in diesem Winter nur mit erheblichen Einschränkungen möglich.

Wenigstens lief das Eishockeytraining beim ESC Planegg den Umständen entsprechend normal ab. Lehmann war immer da, egal ob Trainer Marcel Breil die Mannschaft in Grafing oder Miesbach aufs Eis bat. „Sie wollte eigentlich immer spielen“, erinnert sich Michael Lehmann. Der Sportliche Leiter des ESC – weder verwandt noch verschwägert mit Kathrin Lehmann – erzählt, dass es manchmal schwierig war, die Unternehmungslustige zu bremsen.

Für ihn bedeutete das manchmal eine Gratwanderung. Die Schweizerin sprüht nur so vor Ehrgeiz, was ihr auch im Final-Four-Turnier in Füssen anzumerken war. In der dritten Reihe war sie vor allem dafür zuständig, dass die Gegner nicht allzu übermütig wurden. „Ich werde bestimmt nicht wegen meiner technischen Fähigkeiten einen Eintrag im Duden bekommen“, sagt sie über sich selbst. Stattdessen steht Kathrin Lehmann als Synonym für Kampfgeist, Spielwitz und unbedingten Willen.

Diesen Eigenschaften verdankt sie es unter anderem, dass sie in einem Alter noch immer auf dem Eis steht, in dem andere Sportler längst drei Kreuze machen, dass ihre Karriere endlich vorüber ist. In Füssen feierte die gebürtige Züricherin ihre siebte Deutsche Meisterschaft im Alter von 41 Jahren und 15 Tagen. Es gibt zwar immer wieder erfolgreiche Sportlerinnen jenseits der 40. Kanutin Birgit Fischer war 42 Jahre alt, als sie ihr letztes olympisches Gold gewann. Eisschnellläuferin Claudia Pechstein errang elf Tage vor ihrem 45. Geburtstag Silber bei der Weltmeisterschaft. Und Tennisspielerin Martina Navratilova siegte an der Seite von Bob Bryan bei den US-Open im Mixed im Alter von 49 Jahren.

Im Mannschaftssport sind solche Rekordmarken aber etwas seltener. Die Brasilianerin Miraildes Maciel Mota, genannt Formiga, ist bis dato mit 41 Jahren und 98 Tagen die älteste Spielerin bei einer Fußball-Weltmeisterschaft. Im Eishockey sind es eher die Männer, die derlei Geschichten schreiben. Jaromir Jagr (49) spielt immer noch für seinen tschechischen Heimatklub HC Kladno, Wjatscheslaw Fetisow hinderten seine 51 Lenze nicht daran, ein Comeback bei ZSKA Moskau zu starten. Bei den Frauen sollte Kathrin Lehmann mit ihrem Titelgewinn bei der Deutschen Meisterschaft den nächsten Rekord in der Tasche haben, nachdem sie bereits die einzige Spielerin ist, die sowohl im Fußball als auch im Eishockey den höchsten europäischen Vereinspokal erringen konnte.

„Ich habe eine gute Grundausstattung mitbekommen“, sagt Lehmann über ihren Körper. Von schwerwiegenden Verletzungen blieb sie in ihrer Karriere weitgehend verschont. Außerdem wird sie von Spitzenkräften aus Medizin und Physiotherapie betreut. „Ich habe mir da meine persönliche Abteilung aufgebaut“, sagt sie. Das reicht aber nicht aus, um in einer Mannschaft zu spielen, in der einige ihrer Kolleginnen locker ihre Töchter sein könnten. „Ich fühle mich hier so unfassbar wohl“, sagt die Angreiferin. Sie ist froh, Teil des „kreativen und liebevollen Haufens“ beim ESC Planegg zu sein.

Dass sie eine integrierende Kraft bei den Pinguinen ist, liegt auch an ihrer Herkunft. Die Schweiz war schon immer ein Land, das trotz verschiedener Kantone, unterschiedlicher Sprachen und aller Vielheit zu einer bewundernswerten Einheit fähig war. Im Würmtal lebt Lehmann, die alle nur „Ka“ nennen, vorbildlich vor, wie sich alle als Teil des Ganzen verstehen dürfen, ohne dabei ihre Individualität zu verlieren.

Die Meisterschaft 2021 bezeichnet die 41-Jährige als weiteren Superlativ in ihrer an Höhepunkten reichen Laufbahn: „Es war die längste Reise zu einem Titel, die ich je gemacht habe. Ich bin total selig, dass wir das erreicht haben.“ Fehlt nur noch, dass sie noch einmal das Nationaltrikot ihres Heimatlandes trägt, vielleicht zur Weltmeisterschaft im Mai. Dazu muss sich die Spielerin Kathrin Lehmann erst mit der Assistenztrainerin der Schweizer Nationalmannschaft Kathrin Lehmann beratschlagen.

Autor: Cristian Heinrich   Foto:  Stefan Rossmann

Top in Form ist Eishockeyspielerin Kathrin Lehmann vom ESC Planegg. A-Foto: Stefan Rossmann

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