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Kleiner Lichtblick im Debakel
von ESC-Planegg
Planeggs Julia Zorn beste deutsche Spielerin im kleinen WM-Finale, das 0:8 verloren geht, dennoch mit Turnier zufrieden.
Richtig freuen konnte sich Julia Zorn nicht mehr. Obwohl die Kapitänin der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft die Auszeichnung für die beste Spielerin ihres Teams im kleinen Finale der Weltmeisterschaft erhielt, stand ihr die Enttäuschung über das Geschehen in den vergangenen 60 Minuten ins Gesicht geschrieben. Der Außenseiter war im Spiel um den dritten Platz mit 0:8 (0:3, 0:5, 0:0) gegen die kompromisslosen Finninnen untergegangen.
Während die Nordeuropäerinnen nach der Siegerehrung in allen möglichen Variationen die Bronzemedaille bei der WM in Plymouth/Michigan bejubelten, schossen die Deutschen noch schnell ein Erinnerungsfoto, bevor sie die gespenstisch leere Arena verließen, die nicht den adäquaten Rahmen für eine solche Partie bot. „Unterm Strich können wir damit nicht zufrieden sein“, haderte Zorn mit der Leistung ihres Teams im kleinen Finale, das zwei Drittel und damit viel zu lange benötigte, um seine Nervosität abzulegen.
Die Stürmerin des ESC Planegg hatte sich mehr als eine Abfuhr gegen die Finninnen ausgerechnet. Aber nachdem Petra Nieminen bereits nach 56 Sekunden den Favoriten in Führung gebracht hatte, schwanden die Hoffnungen der Deutschen, mehr als den vierten Rang zu belegen. Zumal der Gegner bereits am Ende des Drittels den Deckel auf das Spiel machte. Ronja Savolainen und Rosa Lindstedt in Unterzahl bauten den Vorsprung auf 3:0 aus.
„Als Aufsteiger in die Top Division Rang vier zu erreichen und das nach dem Verpassen der Olympiaqualifikation im Februar ist schon bemerkenswert“, überwog für Zorn dann doch das Positive. Sich an den mutmachenden Aspekten zu orientieren machte angesichts des verheerenden zweiten Abschnitts Sinn. Torfrau Ivonne Schröder, die Jennifer Harß schon nach 20 Minuten im Kasten ablöste, erlebte gleich einen heißen Empfang. Jenni Hilrikoski in Überzahl, Noora Tuulus, Saana Valkama, Petra Nieminen und Mira Jalosuo schraubten das Ergebnis auf 8:0 in die Höhe. Angesichts der finnischen Torlaune drohte den Deutschen die zweite zweistellige Niederlage binnen 24 Stunden, nachdem sie im Halbfinale von den USA mit 11:0 abgekanzelt worden waren. Aber der Rivale erwies sich als fairer Gewinner und ersparte dem Underdog im letzten Durchgang eine weitere Demütigung. Zum Schluss konnten sich die Deutschen am Gefühl berauschen, noch ein bisschen mitspielen zu dürfen.
„Wir sind ziemlich gut ins Turnier gestartet, aber man kann auf dem Eis gegen die Vereinigten Staaten und Finnland sehen, wie groß die Kluft zu diesen Mannschaften ist“, stellte Benjamin Hinterstocker fest. Der Bundestrainer bekam in Plymouth eine realistische Bestandsaufnahme seines Teams. Das ist an guten und glücklichen Tagen in der Lage, selbst Mannschaften wie Schweden, Tschechien oder Russland zu schlagen. Aber der Abstand zu den Top-Drei der Welt ist noch gigantisch. Dennoch darf sich sein Team einiges darauf einbilden, in Plymouth die Nummer Eins vom Rest der Welt gewesen zu sein. „Insgesamt sollten wir uns für unser Team und Frauen-Eishockey in Deutschland freuen“, lautete schließlich die Bilanz des Trainers. Hinterstocker wertete den vierten Rang, der die beste Platzierung eines deutschen Teams in der Länderspielgeschichte seit 1988 bedeutete, als Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung, die nach der WM fortgesetzt werden soll. „Nun gilt es zukünftig weiter die richtigen Entscheidungen zu treffen.“
Allerdings wurde Zorn sehr schnell bewusst, dass ihr Team trotz des historisch guten Abschneidens mit leeren Händen da stand. „Leider bringt uns dieser vierte Platz auch keinen Platz bei Olympia 2018 ein“, stellte sie fest, dass es nicht einmal einen Trostpreis gab. Bei dem prestigeträchtigsten Turnier nächsten Februar in Pyeongchang werden sie und ihre Mitstreiterinnen fehlen. Um die Medaillen in Südkorea kämpfen andere oder, wenn man so will, die üblichen Verdächtigen. Die Mannschaft des DEB ist trotz des Zwischenhochs von Plymouth dazu noch nicht in der Lage. christian heinrich
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