Bewerber gibt es einige für den Trainerposten beim deutschen Vizemeister, doch Klaus Wüst, Präsident des ESC Planegg, zögert. Am liebsten wäre ihm, Michael Lehmann bliebe über den Jahreswechsel hinaus.

In den vergangenen Tagen sah sich Wüst dazu befleißigt, die beiden amerikanischen Eishockeyspielerinnen des ESC in bayerisches Brauchtum einzuführen. Der Präsident klärte Caitlin Hewes und Brittany Berisoff darüber auf, dass im weiß-blauen Wunderland der Krampus die Rute bringt und der Nikolaus Apfel, Nuss und Mandelkern. Außerdem schreiben die Kinder dem Christkind Wunschzettel. Auch Wüst hat in den vergangenen Tagen Papier und Bleistift in die Hand genommen und eine Liste angefertigt mit den Namen aller Interessenten, die sich bei ihm um den Job des Trainers beworben haben. Seitdem bekannt geworden ist, dass Hans Haider aus gesundheitlichen Gründen das Team nicht länger betreuen kann, ist die Zahl der Bewerber immer größer geworden. Aber der Wunschtrainer fand sich nicht darunter. „Es ist halt keiner so wie der Lehmann“, sagt Wüst.

Der Lehmann, Michael beim Vornamen gerufen, hat sich vor ein paar Wochen dazu breitschlagen lassen, die Lücke beim deutschen Rekordmeister als Interimscoach zu überbrücken. Der zunächst recht improvisierte Eindruck, den der Trainer bei seinem Blitzengagement vermittelte, hat sich zu einem klar konturierten Bild verfestigt. Lehmann hat deutliche Vorstellungen, was die Spielweise seines Teams betrifft, und ist bereit, sie konsequent umzusetzen, auch wenn er am kommenden Sonntag nach der zweiten Partie gegen den EC Bergkamen schon wieder seinen Aushilfsdienst quittiert.

„Es war schön, wie sie gespielt haben“, sagt Wüst über die Darbietung seiner Planegger Pinguine bei ihren beiden 15:0-Siegen gegen die Hannover Lady Scorpions. Er fühlte im Anschluss gleich vor, ob Lehmann für ein längeres Engagement zu haben sei. Aber der Trainer sagte nichts zu den Avancen. Nun rätselt der Präsident, wie das zu interpretieren ist. Zum einen hat der Umworbene bereits kundgetan, dass er im ersten Quartal des neuen Jahres beruflich so stark eingespannt ist, dass an eine vernünftige Arbeit mit dem Team nicht länger zu denken ist. Auf der anderen Seite kennen sie bei den Pinguinen auch den Ehrgeiz und die Leidenschaft des Trainers, der nicht umsonst 18 Jahre lang ausgezeichnete Arbeit beim ESC geleistet hat. So einer geht nicht so einfach nach sechs Spielen. „Einspringen und Meister werden, ist auch was“, versucht Wüst seinen Coach zum Bleiben zu verführen. Diese Aussicht ist verlockend genug, dass sie sich Lehmann wenigstens durch den Kopf gehen lassen wird. Erliegt Lehmann dem eigenen Ehrgeiz und Wüsts Angebot, hätte dieser schon einige Alternativen in petto, um seinem Traumtrainer bei Terminproblemen aus der Patsche zu helfen. Tina Evers, Yvonne Rothemund und Viona Harrer besitzen auch einen Übungsleiter-Schein. Zur Not unterschreiben sie den Spielbericht, wenn Lehmann wirklich mal unabkömmlich sein sollte.

Autor   Christian Heinrich   Münchner Merkur  9.12.2016